Ein ärztlicher Erfahrungsbericht aus der gynäkologischen Praxis
In meiner gynäkologischen Praxis begegnet mir regelmäßig ein Thema, das vielen Patientinnen unangenehm ist, aber große Relevanz für ihre körperliche und psychische Gesundheit hat: Sex während der Menstruation. Häufig wird es nur zögerlich angesprochen – wenn überhaupt. Dabei gibt es viele berechtigte Fragen: Ist das hygienisch? Ist das gefährlich? Was muss ich beachten?
In diesem Beitrag möchte ich als Ärztin offen und auf Augenhöhe über die wichtigsten Aspekte sprechen – medizinisch fundiert, aber auch empathisch. Denn: Sexualität ist kein Tabuthema, auch nicht während der Periode.
Ist Sex während der Periode grundsätzlich möglich?
Ja. Sex während der Menstruation ist medizinisch gesehen absolut möglich. Es gibt keine grundsätzlichen gesundheitlichen Einwände, solange beide Partner:innen sich wohlfühlen und auf ein paar wichtige Punkte achten.
Viele Frauen erleben in dieser Zeit sogar eine gesteigerte Libido – hormonell bedingt durch den vorübergehenden Anstieg von Östrogen kurz nach Beginn der Blutung. Gleichzeitig können Krämpfe und Stimmungstiefs durch intime Nähe gelindert werden.
Infektionsrisiken: Was ich meinen Patientinnen rate
Die häufigste Sorge meiner Patientinnen ist: Besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko beim Sex während der Periode? Die Antwort lautet: Ja, in bestimmten Fällen schon.
1. Offener Muttermund = erhöhte Anfälligkeit
Während der Menstruation ist der Muttermund leicht geöffnet, um den Abfluss des Blutes zu ermöglichen. Dadurch ist der Zugang für Keime zur Gebärmutter vereinfacht. Bakterien, die von außen eingeschleppt werden, können leichter Infektionen verursachen – z. B. eine Endometritis oder bakterielle Vaginose.
2. Blut als Nährboden
Menstruationsblut ist ein hervorragender Nährboden für Bakterien. In Kombination mit ungeschütztem Verkehr kann das das Risiko für Infektionen im Vaginalbereich erhöhen – besonders, wenn der Partner Träger von Keimen wie Chlamydien ist.
3. STIs und HIV
Das Risiko für die Übertragung von sexuell übertragbaren Infektionen (STIs), darunter HIV, Hepatitis B und C, ist bei Kontakt mit Menstruationsblut leicht erhöht. Kondome sind deshalb bei Periodensex besonders empfehlenswert.
Intimhygiene: Praktische Tipps für die Zeit der Periode
Viele fragen: „Was kann ich tun, damit sich Sex während der Periode hygienisch und sicher anfühlt?“
- Vor dem Sex duschen: Eine sanfte Reinigung mit Wasser im äußeren Intimbereich reicht völlig aus.
- Hände waschen: Hände und Nägel sollten sauber sein – gerade bei Fingernutzung oder Toys.
- Dunkles Handtuch oder Einlage: Praktisch für Bett oder Sofa – danach bei 60 °C waschen.
- Menstruationstasse oder Tampon entfernen: Vor dem Sex unbedingt entfernen, um Verletzungen zu vermeiden.
Wann ist Vorsicht geboten?
In manchen Fällen rate ich vom Geschlechtsverkehr während der Periode ab:
- Bei starken Blutungen oder Gerinnungsstörungen
- Bei Endometriose oder Adenomyose
- Bei akuten Infektionen im Vaginalbereich
- Bei ungeklärten Schmerzen im Unterbauch
In solchen Fällen sollte zunächst eine medizinische Abklärung erfolgen.
Fazit: Wissen schützt – und befreit
Sex während der Menstruation ist weder schmutzig noch gefährlich, wenn beide Partner:innen sich wohlfühlen und grundlegende Hygiene beachtet wird. Als Ärztin ermutige ich meine Patientinnen dazu, ihren Körper zu verstehen – und ihre Sexualität auch während der Periode ohne Scham zu leben. Wer sich gut informiert, kann selbstbestimmt entscheiden, was sich richtig anfühlt.
Und falls Unsicherheiten bleiben: Ein vertrauensvolles Gespräch mit der Gynäkologin oder dem Gynäkologen hilft oft mehr als jede Online-Suche.